Mittwoch, 20. Januar 2016

Kälteküche: Pizzoccheri della Valtellina



Es ist kalt geworden, nicht nur in Deutschland, sondern auch im Süden Europas. Natürlich ist das relativ; Minusgrade habe ich in diesem Winter noch nicht gemessen. Aber mein subjektives Empfinden sagt mir: ich friere - und wie! Nicht nur draußen, wo vor einigen Tagen ein eisiger Wind wehte und die Fensterläden bedrohlich klappern ließ, sondern hauptsächlich in unserer Wohnung. Die dicken Mauern des über fünfhundert Jahre alten Palazzo schützen dabei in keinster Weise vor der Kälte; das feuchte Mikroklima des nahen Tiber tut dabei sein Übriges! Also werden wie in jedem Winter zusätzliche Heizöfchen aufgestellt, und die sexy Skiunterwäsche kommt ebenfalls zum Einsatz! Zwar prangt ein wunderschönen Renaissance-Kamin im Wohnzimmer, aber mir ist offenes Feuer in einem vor Büchern überquellendem Haus nicht ganz geheuer. Meine Hände bleiben jedenfalls allzu oft kalt; da hilft dann nur eine Tasse mit heißem Tee, an der ich mich festklammern kann.
Das stets als sonnig und warm gepriesene Italien hat seine sehr kalten und tief verschneiten Ecken. Und dort gibt es auch die entsprechende Küche, um ungemütlichen Temperaturen etwas entgegenzusetzen. Der oberste Zipfel der Lombardei, nordöstlich des Comer Sees in der Provinz Sondrio, ist nicht nur Heimat vieler italienischer Wintersportler, sondern hat wärmende Amari wie den "Braulio" und kältetaugliche Gerichte hervorgebracht, die genug Kalorien liefern, um auch in den kalten Wohnungen Süditaliens zu überleben.
Schade eigentlich, dass man stets von denselben Pastagerichten liest und spricht. Beim Sugo kreist es in den sozialen Netzwerken immer wieder um die "Bolo" (korrekt: Ragù [alla Bolognese]) oder die Carbonara - und nicht selten artet das in Streitereien aus -, um die Pasta mit oder ohne Ei (es gibt "Experten", die immer noch behaupten: in Italien niemals Eierpasta!) und um die unvermeidlichen Tomatensaucen, die meist überwürzt und mit zuviel Kräutern und Knoblauch als "uritalienisch" präsentiert werden.
Italien hat auch eine deftige und eher mitteleuropäische "Winterküche" zu bieten, wobei man im Fall von Pizzoccheri gar nicht mal so explizit von Winterküche reden kann. Auch im Sommer stehen diese Nudeln auf Basis von Buchweizen auf dem Speiseplan der Region an der Grenze zur Schweiz, dann allerdings nicht mit Wirsing zubereitet, sondern mit frischem Mangold.
Der aus dem asiatischen Raum stammende Buchweizen gehört übrigens nicht zu den Getreidesorten, und die Früchte, die dieses "Mehl" liefern, sind zudem glutenfrei.
Die Verarbeitung zu einem Pastateig - unter den Buchweizen muss auf jeden Fall Weißmehl gemischt werden -, fand ich persönlich etwas mühsamer als die Herstellung herkömmlicher Pasta all'uovo, wie ich sie immer wieder gerne und oft zubereite. Genaue Mengenangaben zum Wasser kann ich nicht machen; es waren vielleicht so um die 170 ml. Da muss man mit den Händen fühlen, bis man einen gut weiterzuverarbeitenden Teig geknetet hat.
Und wenn man beim Kneten schon etwas in Schwitzen kommen sollte, ist das ja in kalten römischen Wohnungen ein nicht unwillkommener Nebeneffekt!



Zutaten
(für zwei frierende Personen)

130 g Buchweizenmehl (ital.: Farina di Grano Saraceno)
70 g Mehl 
eine Prise Salz
lauwarmes Wasser

200 g Wirsing
1 mittelgroße Kartoffel
40 g Parmigiano Reggiano, frisch gerieben
100 g Casera (typische Käsesorte aus dem Veltlin, ersatzweise Fontina), grob geraspelt
1 Zwiebel
(alternativ: 1 Knoblauchzehe, angedrückt, Salbeiblätter)
Butter
Salz, frisch gemahlener Pfeffer

Die Mehlsorten sieben, eine Prise Salz hinzugeben und mit dem Wasser zu einem Teig verarbeiten; den Teig mindestens 5 Minuten lang kneten.
In Folie wickeln und eine halbe Stunde ruhen lassen.
Danach portionsweise mit dem Nudelholz ca. 3 Millimeter dick auswälzen und fingerlange, einen Zentimeter breite Streifen daraus schneiden.



Die geschälte Kartoffel in kleine Würfel und den geputzten Wirsing in Streifen schneiden.
Wasser in einem Topf aufsetzen und salzen. Zunächst die Kartoffelwürfel in das kochende Wasser geben und 5 Minuten garen lassen, dann die Wirsingstreifen sowie die Pizzoccheri hinzufügen und weitere zehn Minuten kochen.
In der Zwischenzeit die in Ringe geschnittene Zwiebel in Butter zart anbräunen.
Eine Pfanne mit etwas Butter erhitzen. Nun portionsweise die Pizzoccheri mit dem Wirsing und den Kartoffelstücken mit einer Schaumkelle aus dem Wasser heben, abtropfen lassen abwechselnd mit den gemischten Käsesorten in der Pfanne schichten.
Zum Schluss die Zwiebel darübergeben, ohne alles zu vermengen.
(Alternativ zu dem Zwiebeln sehen einige Rezepte die kurz in Butter angeschwitzte Knoblauchzehe mit Salbeiblättern vor. Diese Salbei-Butter dann über die Pizzoccheri gießen; dabei vorher den Knoblauch entfernen.)
Mit frisch geriebenem Pfeffer bestreuen.



♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

4 Kommentare:

  1. Ein schönes Gericht, Ariane, das sicher auch im kalten Spanien schmecken würde. Von wegen in Spanien ist es immer warm und sonnig. Lustig finde ich, daß auch im Spanischen der Buchweisen trigo sarraceno, also Sarazenenweizen heißt. Wegen seiner relativ dunklen Farbe soll er so heißen, denn auch die Mauren/Araber waren eher dunkelhäutig. Wir mögen Buchweizen vor allem seines nussigen, kräftigen Geschmackes wegen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es ist immer interessant, ein bisschen Etymologie zu betreiben. Ich habe dazu auch ganz interessante Geschichte gelesen: So soll diese Pflanze im späten Mittelalter über das Schwarze Meere bis in die Eifel gekommen sein. Im 15.Jahrhundert war sie dort unter dem Namen "Heenisch" oder auch "Heidenkorn" bereits dokumentiert. Der Herzog von Modena führte sie dann im 17. Jahrhundert über einen jüdischen Händler in Italien ein, allerdings gibt es schon hundert Jahre zuvor erste Erwähnungen der Pflanze im Veltlin.
      Jedenfalls suche ich weitere Rezepte mit diesem wirklich nussige schmeckenden Mehl.
      Saluti
      Ariane

      Löschen
  2. Das mit der Kälte ist wohl wirklich immer einer Frage der Grundtemperatur die man gewohnt ist. Wobei für mich zuhause auch immer mindestens 23°C sein müssen, sonst fröstelts mich einfach zu sehr. Ich hoffe bei euch wärmt die Sonne bald wieder die dicken Mauern - wobei... wenn die Kälte noch mehr so schöne Pastarezepte anstupst...?! ;)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Katha, da wächst auch die Lust auf deftige Eintöpfe! :-)
      Aber ich hoffe auch auf wärmende Sonnenstrahlen. :-)
      Saluti
      Ariane

      Löschen

Danke für Deinen Besuch!
Über liebe Worte freue ich mich, aber auch über konstruktive Kritik. Anonyme oder beleidigende Kommentare sowie Werbelinks werden entfernt.

Print Friendly and PDF
Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...