Samstag, 26. Mai 2012

Streng nach Gesetz - fast: Tagliatelle al ragù

Niemals würde man in Bologna und Umgebung dieses Pastagericht mit Spaghetti servieren! Nein, niemals! Zwar hat es als "Spaghetti alla Bolognese" einen Siegeszug rund um dem Globus angetreten und ist das Lieblingsgericht vieler Kinder, aber mit dem ursprünglichen feinen Pastagericht hat das, was da auf den Speisekarten der Touristenfallen vom Gardasee bis Sizilien zu finden ist, nichts mehr zu tun.
Da gehört - bitte - auch kein Knoblauch oder gar Origano, jenes so fatal überschätzte Kraut, in den Sugo!





Keinesfalls möchte ich hier das allein seligmachende  Rezept widergeben - so anmaßend bin ich nicht -, auch gibt es verschiedene Versionen für die Fleischsauce. So wird in einigen Rezepten Weißwein verwendet, man kann gemischtes Hackfleisch nehmen oder auch kleingeschnittene Pancetta mit anbraten. Auch ein Klecks Butter zum Olivenöl ist nicht falsch.


Seit den siebziger Jahren hat die italienische Handelskammer zusammen mit der "Accademia Italiana della Cucina di Bologna" die Richtlinien für die Pasta des Traditionsgerichts zusammengetragen. Bei der Pastasorte muß es sich "rigoros" um "Pasta all'uovo", Eiernudeln, handeln.
Jetzt kommt's: Die Breite der Nudeln ist vorgeschrieben, im gekochten Zustand  muß sie mit dem 12270sten Teil des  Torre degli Asinelli, eines der Wahrzeichen der Stadt, korrespondieren. Sie kommt dann auf acht Millimeter, was für den rohen Zustand eine Breite von 6,57 Millimeter voraussetzt. Alles klar?
Ich habe mich geweigert, nachzumessen.
Über all das wacht die Bruderschaft "Apostoli della Tagliatella Bolognese".
Diese Tagliatelle dürfen nun ausschließlich mit dem ebenfalls nach festen Regeln hergestellten Ragù serviert werden, dessen Rezept von der Handelskammer seit dem 17. Oktober 1982 verwaltet wird. Mehr oder weniger entspricht es meiner Version, allerdings verzichte ich auf die Pancetta und nehme Rotwein.

Zutaten (für zwei hungrige Personen oder für vier Personen, für die es anschließend noch ein Secondo geben wird)

  • 150 g Mehl 00  (vergleichbar dem deutschen Mehl 405)
  • 50 g Hartzweizengrieß (Semola di grano duro rimacinata)
  • 2 Eier
  • ein wenig Salz
  • 1 Tl Olivenöl
  • eventuell etwas Wasser oder noch etwas Mehl

  • 400 g Rinderhack
  • 1 Salsiccia
  • 1 Karotte
  • 1 Stück Stangensellerie
  • 1 Zwiebel
  • 2 EL Tomatenmark
  • 250 ml Rotwein (im Original: Weißwein)
  • 400 g geschälte Tomaten ("Pelati", Dose)
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 Glas Milch
  • Olivenöl extra vergine
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer
  •  Parmigiano Reggiano, frisch gerieben
Die Pasta nach meinem Grundrezept zubereiten. Dann portionsweise durch den Aufsatz für Tagliatelle laufen lassen. Zum Trocknen aufhängen.



Zwiebel, Karotte und Selleriestange fein würfeln und in Olivenöl anschwitzen. Nun kommt die enthäutete und kleingezupfte Salsiccia dazu, wird kurz mitangebraten, dann das Hackfleisch. Alles unter Rühren krümelig braten, dann das Tomatenmark hinzufügen und kurz mitanbraten (wenn das die Bruderschaft wüßte!).
Salzen, pfeffern und mit dem Rotwein (original Weißwein) ablöschen. Etwas einkochen lassen und die geschälten Tomaten sowie das Lorbeerblatt hinzufügen. Der Sugo muß nun 2 Stunden (nach Vorschrift von Bruderschaft  und Handelskammer!) köcheln, dabei nach und nach die Milch hinzufügen.
Die Pasta eine Minute in kochendes und gesalzenes Wasser geben, dann zum Sugo kippen und alles gut vermischen.
Mir frisch geriebenen Parmigiano servieren.

Noch ein Beitrag an diesem Wochenende für Tobias' Kochbasar.


♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

12 Kommentare:

  1. Wieso fügt man denn Milch hinzu? Klar Fett, aber bei einem Glas kann das ja so viel nicht bringen, oder?
    Hast du eine Idee, Ariane.

    Vielleicht sollte ich dasmorgen bei dem Wildschweinragu auch mal probieren.

    lg
    grimmel

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  2. Hallo grimmel,
    bei manchen Rezepten ist auch von Sahne die Rede. Sicher gibt es eine gewisse Bindung. Ich werde da noch einmal nachforschen. Früher habe ich das Ragù immer ohne Milch gemacht; so groß war der Unterschied nicht im Ergebnis nicht.
    LG Ariane

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  3. Milch und Sahne... wenn die Säure der Tomate zu betonend ist.... Allerdings zeigt sich, dass man diese Auch mit Zucker oder entsprechenden Wein bekämpfen kann

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    1. Stimmt, an meine Tomatensauce kommt stets ein wenig Zucker.
      Saluti
      Ariane

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  4. Auch das Lorbeerblatt ist gewagt!

    Es freut mich immer, wenn ich Verbündete Kreuzritter(innen) im Kampf um die "wahre" Bolognese treffe. Weiter so!

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    1. :-) Mitstreiter kann man immer gebrauchen - gegen dieses Knoblauch-Oregano-Mama[sic!]-Küchen-Bild. Ich sage ja immer wieder, es gibt auch eine italienische Küche nördlich, östlich und südlich von Kalabrien ;-).
      Saluti
      Ariane

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  5. Prima Rezept! Schmeckt wie bei Mama in bella Italia! Ich würde aber bei den Zutaten des Nudelteigs noch die Eier hinzufügen, die man auf dem Bild sieht...;-)))

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    1. Uuiiii, vielen Dank! Ich habe es soeben ausgebessert. Da ist das eines meiner meistgelesenen Rezepte, und es ist vorher noch nie jemanden aufgefallen.
      Über aufmerksame Leser freue ich mich! :-)

      Saluti
      Ariane

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  6. Hallo Ariane, da ich gerade dran bin, auch ein tolles ragu-Rezept in mein Blog zu stellen, bin ich auf der Suche nach anderen Rezepten auf deine Seite gestoßen. Also so ganz italienisch ist das nicht. Ich finde sehr wenig Rezepte, wo Milch oder Sahne daran kommt. Wenn die Süße der Grund ist, liegt es vielleicht daran, dass man in Deutschland oder Norditalien (was ich mir nicht vorstellen kann), nicht die sonnengereiften Tomaten bekommt. Ich habe viel in der Toskana gekocht und da braucht man keinen Zucker. Also würde ich statt Milch empfehlen nach Toskana-Import zu suchen. Dennoch will ich nicht bestreiten, dass es auch mit Milch oder Sahne gut schmeckt. :-)

    Mein Rezept ist bald online.
    Liebe Grüße Mike Michael
    www.kochen-mit-leidenschaft.de

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  7. Hallo Michael,

    ja, es scheint ungewöhnlich, und doch taucht das kleine Gläschen Milch in sehr vielen Rezepten auf (ich lese dazu immer mehrere italienische Quellen); so auch beim diesem Ragù. Wichtiger ist es aber, es nicht mit irgendwelchen Kräutern oder gar Knoblauch zu verfälschen; dieser Fehler wird ja häufig gemacht. Das mit der Süße habe ich jetzt in diesem Kontext nicht verstanden; ich erwähne doch nirgends Zucker?
    Trotzdem: viel Spaß beim Kochen und Genießen!

    Saluti
    Ariane

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    1. Immer wieder herrlich, wer sich berufen fühlt, Dir, liebe Ariane, die "echte" italienische Küche nahe zu bringen. Ich habe auch so einen Fall gerade im Blog, bei dem mir DAS Rezept für DAS Ragù mitgeteilt wird - Wein fehlt da komplett an der Soße, was mich sehr verwirrt. Oh man. Ich würde Deine Pasta-Portion sofort nehmen und danke Dir sehr fürs Teilen. Für mich bist Du überhaupt DIE deutschsprachige Instanz für die italienische Küche.

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